Frankfurter Forum : Diskurse | HEFT NR. 30 - Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

HEFT NR. 30

In Deutschland trägt das Gesundheitswesen mit einem Anteil von 13 Prozent am Bruttoinlandsprodukt zu fast sechs Prozent der nationalen CO2-Emissionen bei. Dennoch wird das Gesundheitswesen unter dem Aspekt der Klimaneutralität eher vernachlässigt. Bei der 30. Tagung des Frankfurter Forums beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Frage, wie das Gesundheitswesen resilienter werden und einen Beitrag zu einer nachhaltigen Klimapolitik leisten kann. Die Plenumsveranstaltung im Frühjahr 2024 trug den Titel: „Klima, Umwelt und Gesundheit: Einordnung und Erörterung übergeordneter Handlungsfelder“.

Klimawandel beeinflusst nicht nur die Umwelt, er bestimmt auch immer mehr die Gesundheit der Menschen. Der Zugang zu soliden und aktuellen Informationen über diese Gefährdungslage ist für eine evidenzbasierte Politik ebenso unerlässlich wie für die Identifizierung von Forschungslücken und Handlungsoptionen.

Auf einer systemischen Ebene besteht die zentrale Aufgabe in der Stärkung der Resilienz des Gesundheitswesens. Klimaschutz und Klimapolitik werden allerdings nur dann die erforderlichen globalen Nachahmer finden, wenn sie Hand in Hand gehen mit zunehmendem Wohlstand. Auf der individuellen Ebene müssen die durch den Klimawand ausgelösten gesundheitlichen Auswirkungen beachtet werden, die nicht nur physischer Art sein können, sondern auch mit psychischen Belastungen wie Stress, Angstzuständen oder Depressionen einhergehen können. Vor diesem Hintergrund kann die Förderung von Gesundheitskompetenz nicht nur wichtig für die Prävention von Erkrankungen sein, sondern auch einen Beitrag zur Förderung der Resilienz des Gesundheitssystems leisten.

In Heft 30 umreißen diese Autorinnen und Autoren das Generalthema:

Timm Paulus, Bundesministerium für Gesundheit: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz! Klima- und Nachhaltigkeitsziele im Gesundheitswesen

Klimaschutz und Klimaanpassung stehen in vielfältiger Wechselbeziehung zu den Nachhaltigkeitszielen im Handlungsfeld „Gesundheit und Wohlergehen“ der Bundesregierung. Maßnahmen der Klimaanpassung wie der gesundheitliche Hitzeschutz können vorzeitige Sterblichkeit reduzieren und leisten somit einen Beitrag zu Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Auch die Transformation hin zu einem klimaneutralen Gesundheitswesen wirkt im Sinne der Nachhaltigkeitsagenda.

Klimaanpassung und Klimaschutz im Gesundheitswesen sind durch gesetzliche Regelungen und Initiativen der staatlichen und nichtstaatlichen Akteurinnen und Akteure in den letzten Jahren deutlich gestärkt worden. Die positiven Gesundheitseffekte von Maßnahmen der Klimaanpassung und Klimaschutzes müssen dabei zukünftig stärker in der Argumentation für ambitioniertere Ziele und Strategien genutzt werden – gerade auch außerhalb des Gesundheitswesens.

Dr. Matthias Albrecht, Geschäftsführer der KLUG – Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit: Klimaschutz im Gesundheitssektor als Gemeinschaftsaufgabe: Lösungsstrategien

Für die Akteure im deutschen Gesundheitswesen war es auch in der Vergangenheit nicht verboten, sich um Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu kümmern. Allerdings gab es keine systemischen Anreize dies zu tun. Es gab weder entsprechende gesetzliche Regelungen noch Vergütungsanreize oder andere Formen des Ansporns. Hier kann und muss politisch mehr geschehen. Es sollte auch geprüft werden, ob nicht zum Beispiel die Aufnahme der Nachhaltigkeit als Ziel im Sozialgesetzbuch sinnvoll ist und auch positive Vergütungsanreize für nachhaltiges Agieren mit sich bringen kann.

Das Gesundheitswesen muss Teil der Bemühungen rund um Klimaschutz werden. Dies kann nur gelingen, wenn man neben der Nutzung von erneuerbaren Energien auch die Treibhausgasemissionen in den Bereichen Medizinprodukte, Pharmakologie, Verbrauchsmaterialien, Ernährung und Mobilität in den Fokus nimmt.

Das Gesundheitswesen ist nicht nur ein großer Emittent von Treibhausgasen, sondern die Gesundheitssysteme würden auch sehr von Klimaschutzmaßnahmen profitieren, denn Klimaschutzmaßnahmen haben eine positive Wirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung.

Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe: Klimawandel als Herausforderung an die Versorgung einer älter werdenden Gesellschaft

Hitzewellen als ein Effekt des Klimawandels treffen insbesondere die große Gruppe älterer Menschen mit Pflegebedarf und mit chronischen Erkrankungen, die allein zu Hause leben. Der Hitzeschutzplan der Bundesgesundheitsministeriums lässt jedoch gerade für diese Gruppe deutliche Lücken offen, welche durch die Einführung von „Community Health Nurses“ geschlossen werden könnten. Ihre Aufgabe wäre es, sich an der Entwicklung von lokalen Hitzeschutzplänen zu beteiligen sowie Risikopersonen rechtzeitig zu identifizieren.

Professionelle Pflege sollte auch für den Einsatz im Katastrophenfall und generell für die Verhinderung von Pflegebedürftigkeit gefördert werden. In die Erweiterung ihrer Kompetenzen, in neue Rollen wie die Community Health Nurse und in Profile, die den Einsatz in Krisen- und Katastrophenfällen ermöglichen, muss investiert werden.

Die Versorgungsbedarfe – sei es in Medizin oder Pflege, in Katastrophen oder in Krisen wie Hitzewellen – können nur durch ein vernetztes, multiprofessionelles Versorgungsgeschehen bewältigt werden. Es werden zunehmend Lösungen erforderlich, die vor Ort bei den Menschen und ihrer Alltagsrealität ansetzen und greifen.

Prof. Dr. Attila Altiner, Ärztlicher Direktor der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universität Heidelberg, im Gespräch mit Dr. Regina Klakow-Franck, M.A.: Gesundheitskompetenz als Schlüsselfaktor für ein klimaneutrales Gesundheitssystem?

Das Gesundheitswesen trägt durch seinen Ressourcenverbrauch zur Klimabelastung bei. Welchen Beitrag können Ärzte, welchen Beitrag können die Patienten zur Verbesserung der CO2-Bilanz leisten? Kann Gesundheitskompetenz, die als Schlüsselfaktor für Gesundheitsförderung und Prävention betrachtet wird, auch zur Reduzierung und Prävention von Klimabelastung beitragen?

Das Gespräch beleuchtet, welche konkrete Rolle die Gesundheitskompetenz für Gesundheit und Klima hat, und ob das dahinterstehende theoretische Modell der Salutogenese eine Blaupause für eine nachhaltige Klima-Strategie sein könnte.

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